Rezension: Eva Jancak, Anna kämpft gegen das Vergessen

She did it again

Wieder hat Eva Jancak zugeschlagen und ihren bereits 35 (?) Roman vorgelegt. Anna kämpft gegen das Vergessen schildert das Schicksal einer alten Dame mit leichter kognitiver Beeinträchtigung, die sich zu Alzheimer auswachsen könnte. Sie vergißt schon allerlei, Namen, alltägliche Erledigungen und Begegnungen. Sie vergißt sich anzuziehen und erscheint unbekleidet auf der Buch Wien, zum Glück nur in ihrem Albtraum. Schließlich vergißt sie einzukaufen und verhungert inmitten ihrer Bücher. Dabei hat sie noch laufend versucht, ihrer Krankheit durch ihren ehrgeizigen Bücherblog vorzubeugen.

Ihre Enkelin publiziert diese Leidensgeschichte ebenfalls in einem Blog-Roman und schafft damit den Durchbruch zur literarischen Anerkennung.

Damit ist Jancaks Einfallsreichtum aber noch nicht am Ende: Ein rumänischer Arzt überbrückt die Zeit der Nostrifikation seiner Zeugnisse mit dem Verkauf obskurer Strahlenschutzstecker, ein pensionierter Berliner Verlagsleiter entdeckt einfach so den Romanblog und seine Qualitäten und man besucht den Opernball – virtuell in Abendkleid und Frack vor dem TV-Gerät in Nachbars Wohnung.

Es gelingt der Autorin, das Geschehen zwischen Komik und Tragik in Balance zu halten und damit für köstliche Unterhaltung zu sorgen. Durch das andauernde Kreisen um einige Handlungsstränge und deren Verzahnung entstehen Redundanzen, die es dem Leser erleichtern, sich im Geschehen zurechtzufinden.

Jancak schöpft aus dem reichen Erfahrungspool ihrer beruflichen Tätigkeit als Psychotherapeutin und bietet dem Leser nicht nur Kurzweil, sondern auch Information. Dem Verfasser dieser Rezension war die Lektüre des Romans beispielsweise gleich Anlaß dazu, sich einem Minimal Mental State Test zu stellen, also herauszufinden, wieweit seine Vergeßlichkeit bereits pathologische Züge aufweist.

Robert Eglhofer, 2015-02-23